|
Der Winter geht zu Ende
Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der Winter geht zu Ende
Hallo,
auf dieser Seite geht es um das Thema „Der Winter geht zu Ende” und alles was damit zu tun hat.
Sollte sich in den Beiträgen auf dieser Seite nicht das Richtige finden lassen, frag doch einfach eben direkt hier im Forum nach.
Mit vielen tausenden registrierten Mitgliedern lässt eine passende Antwort ganz bestimmt nicht lange auf sich warten!
Schöne Grüße, Markus
Emmamama 13.02.2010, 13:47 Die Katastrophe kündigte sich humpelnd an und begann mit einem lauten Knall: wie ein Peitschenhieb hörte es sich an als die Sehne riss, begleitet von einem schrillen Schrei, den ich nie von diesem Tier vermutet hätte, dessen Stimmlage sich sonst im satten Bassbereich befindet. Ab sofort erfolgte die Fortbewegung dreibeinig.
Der Tierarzt meines Vertrauens machte mir angesichts meiner telefonischen Schilderung wenig Hoffnung auf einen Dorn in der Pfote und reservierte den Operationstermin nach bewährter Methode Aufmachen, kucken, reparieren - seit drei Jahren wachsen meine Erfahrungen mit dem Bewegungsapparat von Caniden und dessen möglichen Defekten ständig und die Zunft der Veterinäre muss sich keine grossen Sorgen wegen der Wirtschaftskrise machen.
Bester Chef von allen wand sich zwar angesichts meines Urlaubswunschs in der neuralgischen Vorweihnachtszeit, gewährte ihn jedoch wegen Krankheitsfall in der Familie, nachdem ich glaubhaft versicherte, telefonisch erreichbar zu sein – wo sollte ich auch hin mit frischoperiertem Tier?
Pünktlich zur OP setzte der Schnee ein.
Mir gruselte nicht nur vor glatten Strassen, sondern auch vor der Aussicht, das liebe Tier im winterlichen Bewegungsdrang zu bändigen, denn das frischoperierte Hundeknie bedarf mindestens zwei Monate Schonung und kontrollierter Bewegung, was nichts anderes als Leinenzwang bedeutet.
Ich wünschte mir vom Wettergott Schnee für Ende Februar, damit die Zuckerschnecke auch in diesem Winter noch in den Genuss ihres Lieblingswetters kommen möge.
Ja! Ich bin Schuld!
Wiedermal habe ich meinen Wunsch beim Universum nicht deutlich formuliert: gemeint war von mir nochmals Schnee Ende Februar und nicht bis Ende Februar.
So schneit es seit gefühlten acht Wochen. Mal mehr, mal weniger.
Die Operation hatte sich gründlich gelohnt, das Hundeknie wurde runderneuert.
Starke Arme waren erforderlich, um das durch Narkose erschlaffte Hundekind auf den Lieblingsplatz unter heimischen Küchentisch zu schaffen, wo sies so laut schnarchend ihren Rausch ausschlief, dass ich zum Telefonieren das Zimmer verlassen musste.
Weihnachten kam, ebenso wie lieber Besuch und weiterer Schnee, und ich war mit meinem misslaunigen Hund Dauergast in der Tierarztpraxis, da sie in einem unbeobachteten Moment einen Teil der Naht aufgekaut hatte, die eine weitere dekorative Narbe auf imposantem Hinterteil werden sollte.
Das Bein zierten nun schicke Strapse, die ich aus meinen Lieblings-Shirts bastelte und die den Zugang zum Verband, der auf nachwachsendem Haarkleid nur noch partiell pappte, erschweren sollte. Der Schmerz liess nach, die Wunde heilte, der Tierarzt schilderte mir in leuchtenden Farben die Konsequenzen einer zu frühen Belastung des tierischen Knies und empfahl zwecks Muskelaufbaus ausdauernde kontrollierte Spaziergänge.
Ich gewann den Kampf gegen Bewegungsdrang und Übermut und fortan trottete die Schnecke gelangweilt und resigniert neben oder hinter mir her, aufgelockert durch den rebellischen Versuch eines Sprungs, der mich in die Nähe eines Herzkaspers brachte.
Die nicht vorhandene Begeisterung zur angeratenen Bewegungsalternative wie Denkaufgaben und Kopfarbeit liessen in mir starke Zweifel an der Haltbarkeit der von mir vor kurzem entdeckten wissenschaflichen Studie entstehen, die besagte, dass Hunde über ähnliche kognitive Fähigkeiten wie ein zweijähriges Kind verfügen.
Jedoch wird mein Vertrauen in die Wissenschaft durch meine kleine Wuschelmaus gestärkt, die diese Fähigkeiten durch ein Sprachvermögen unter Beweis stellt, dem lediglich die Worte fehlen, was insbesondere meine Mum entzückt, die seither auf sie einredet und die Antworten aufgrund des Tonfalls des Gekläffs interpretiert.
Das einstmals geschorene Hundebein ist weitestgehend behaart, die Wunde ist zu einer bildschönen Narbe verheilt, ich habe mich inzwischen daran gewöhnt, dass mir des nächtens als Aufforderung zum Spiel ein Hundehandtuch um die Ohren gehauen wird und meine Interpretationen, wann Ende Februar, der Zeitpunkt für die Leinenbefreiung, ist, werden immer grosszügiger.
Heute Morgen erwachte ich zur Stunde der Dämmerung und wieder wurde mein Schlafzimmer durch dieses unvergleichliche Licht durchdrungen, das Neuschnee mit sich bringt.
Oh, nein!
Nicht schon wieder!
So sehr ich Schnee mag, langsam reicht es mir.
Die warme Daunenjacke, die mich wie die Schwester des Michelin-Manns aussehen lässt, bedarf dringend einer gründlichen Reinigung und obwohl meine Hunde nie stinken, sondern schlimmstenfalls streng riechen, qualifizieren sich die Handschuhe aufgrund ihres Geruchs inzwischen als Sondermüll.
Der Rosenstock auf dem Balkon macht verzweifelte Versuche, erste Blätter zu entwickeln, der Rosmarinstrauch trotzt weiterhin tapfer der Kälte und verkündet duftend seinen Überlebenswillen und auch der Glücksklee hat beschlossen, dass der Winter jetzt ein Ende hat und treibt fröhlich aus.
Mir ist auch nach Frühling.
Hunde ins Auto und ab an den Rhein.
Keine Menschenseele, nur eine weisse, wenn auch sparsame, Neuschneedecke, die die Farben leuchten lässt und die inzwischen so vertraute Stille, die sich über die Wiesen legt.
Hmmm…
Tür auf, Kleinchen springt raus, Emma bleibt mit resigniertem Blick im Auto, der sich in Unglaube verwandelt, als ich „Komm“ sage, ohne die Leine am Halsband zu befestigen.
„Na los!“, fordere ich und schaffe es gerade noch zur Seite, bevor ich umgerannt werde.
Sie fetzt den Deich runter, lautstark flankiert von Klein-Kate, deren sonst weisses Plüschfell im Schnee wie Champagner leuchtet.
Emma gibt Gas, rennt, springt, schmeisst Stöcke um sich, prustet, schnauft, donnert wie eine karamelfarbene Dampfwalze auf mich zu, mit fliegenden Lefzen, die sie aussehen lassen, als ob sie lacht und begräbt mich unter 50 kg Hundeglück.
Wir laufen. Endlich wieder.
Vorbei der Frust der vergangenen Wochen. Mir hat die Bewegung auch gefehlt.
Der Frühling kann kommen!
Emma hatte den gewünschten Schnee Ende Februar
;-)))
Hallo!
Danke für den Beitrag!
LG Nadine
Gast280210 13.02.2010, 14:48 Deine Schilderung einfach erfrischend und zauberhaft. Schön, dass es Euch allen so gut geht. :D
Dieser Eiertanz erinnert mich an die Rekonvaleszenz von Cara, die wir nun mittlerweile gut überstanden haben. Nach all der Angst vor einem Rückschlag ist es wunderschön zu sehen, wie unsere Lieblinge sich erholen und die pure Lebensfreude durchbricht.
Ja, jetzt kann es Frühling werden.:ok::ok:
wunderschön geschrieben, eine freude, das zu lesen:ok:
sehr schööön geschrieben, freut mich das Ihr den Schnee doch noch ein wenig geniessen könnt. :)
Diggimon 13.02.2010, 17:51 Hallo Heike !
Ich habe voller Freude Eure Erlebnisse gelesen und mich köstlich Amüsiert :king: Man kann sich so lebhaft Vorstellen wie Emma sich im Schnee ausgetobt hat :ok: Ganz Klasse geschrieben !!!
hallo heike,
was für eine schöne geschichte, ich konnte es mir alles bildlich vorstellen!:lach3:
Eine tolle Geschichte mit happy end und ganz super geschrieben :ok:
Eine witzig-elegant geschriebene Story!:ok:
Vom Stil her erinnert es mich an die Autorin Evelyn Sanders, allerdings schreibt sie über ihre Familie.
Ich habe den Thread echt genossen und bin nun sicher, daß der liebe Gott Dein Flehen nun endlich richtig verstanden hat.
Tanja
:lach4: Heike, Du hast das so toll geschildert, man hat sich "fast dabei" gefühlt. Freut mich, daß es der Maus wieder so gut geht, LG Manuela :lach4:
Das ist schön zu lesen und wie gut, das deine Maus jetzt wieder flitzen darf.
Wir haben noch einige Wochen vor uns...
Endlich kann ich mich ja bei jemanden wegen dem vielen Schnee beschweren.
Eins ist mir jedoch ein Rätsel, wie hast Du es geschafft das Dein Hund resignierend hinter Dir hertrottet?
Bei uns ist die zweite Knie-OP nun knapp drei Wochen her, aber Emily schafft es selbst an der kurzen Leine Bocksprünge wie ein junges Fohlen aufzuführen. Von den Tobe- und Spielanfällen hier in der Wohnung mit Nele will ich mal gar nicht reden.......
Emmamama 14.02.2010, 12:31 Uiiiii...
Das freut mich, wenn euch mein Geschreibsel gefallen hat :)
Vielen Dank für´s Feedback - Applaus ist schliesslich das Brot des Künstlers :D
Tja, was soll ich sagen? Es hat weiter geschneit... :sorry:
Die Schnecke kriegt kaum genug und ist jetzt etwas steifbeinig auf die Couch geklettert - ich mach mir aber keine grossen Sorgen, vermute einen fetten Muskelkater und hab schon mal Arnica verfüttert
Was ich wirklich erschreckend finde, ist wieviele die Situation mit kaputten Knien, Gelenken kennen und schon mitgemacht haben :( Wünsche allen gute Besserung und den Zweibeinern vieeeel Geduld - auch wenn´s schwer fällt :lach4:
Emma gibt Gas, rennt, springt, schmeisst Stöcke um sich, prustet, schnauft, donnert wie eine karamelfarbene Dampfwalze auf mich zu, mit fliegenden Lefzen, die sie aussehen lassen, als ob sie lacht und begräbt mich unter 50 kg Hundeglück.
Herrlich!!!!!!!!!! Da geht einem doch das Herz auf!!!!!! Es freut mich für euch, dass alles gut geworden ist.
Susanne
Samtschnauze 14.02.2010, 14:00 @Heike
Richtiges Kopfkino...sowas könnte ich den ganzen Tag lesen :sorry::ok: Wann kann man ein Buch von Dir kaufen?!;):kicher:
Toll geschrieben! :blume:
Knuddels an das karamelfarbene Hundeglück, Grazi
|