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Markus
Goofymone
16.10.2007, 13:54
Hund löst Gesetzesdiskussion aus
Dass ein Liechtensteiner allein aufgrund seiner Vorstrafen seinen Hund abgeben muss, beurteilt der Verwaltungsgerichtshof als verfassungswidrig. Ob das tatsächlich so ist, liegt nun in der Entscheidung des Staatsgerichtshofs.
Von Niki Eder
Als die Geschichte des 31-jährigen Liechtensteiners und seines vierjährigen American-Staffordshire-Terrier publik wurde, schrien Tierfreunde empört auf (das «Vaterland» berichtete am 14. März 2007). Etliche Briefe, E-Mails und Telefonate erreichten die Redaktion. Unzählige Menschen sicherten dem Betroffenen ihre Unterstützung zu. «Es war überwältigend», erinnert sich der Hundehalter. «Es meldeten sich wildfremde Leute und sprachen mir Mut zu. Hierfür möchte ich mich bei allen herzlich bedanken.» Über 300 Unterschriften konnte er sammeln, die repräsentativ dafür stehen sollten, dass eine Verfügung vom Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen nicht im Sinne der Öffentlichkeit sei. Darin wurde der Antrag des Hundebesitzers auf eine Haltebewilligung abgelehnt – und zwar allein aufgrund seines Vorstrafenregisters.
Die Gesetzeslage ist eindeutig
Erklärt wird die Verfügung mit dem Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen revidierten Hundegesetz. Dieses besagt, dass für die Haltung von 13 als «potenziell gefährlich» definierte Rassen – zu denen auch der American-Staffordshire-Terrier gehört – eine Bewilligung benötigt wird. Eine solche wird unter anderem nur erteilt, wenn die Person nicht wegen Gewaltdelikten vorbestraft ist.
An diesem Punkt scheiterte der Antrag des 31-Jährigen, denn in seinem Strafregisterauszug sind gleich mehrere Vorstrafen eingetragen, auch wenn die letzten Gewaltdelikte mehr als zwölf Jahre zurückliegen. Zwei spätere Verurteilungen erfolgten wegen Übertretung des Waffengesetzes sowie Verhetzung. Entschuldigen lassen sich diese Straftaten nicht, darüber ist sich der Liechtensteiner im Klaren. «Sie sagen allerdings nichts darüber aus, wie ich mein Tier halte», betont er. «Es hat noch nie Zeichen von Aggressivität gezeigt und ist einfach nur verschmust.» Täglich nehme er ihn mit an seine Arbeitsstelle, wo der Hund oft mit Kunden spiele. «Vor allem Kinder liebt er über alles.»
Da er von der Gutmütigkeit und der Wesensstärke seines Hundes überzeugt ist, wollte ihn der 31-Jährige Anfang Jahr auch zur Sozialverträglichkeitsprüfung anmelden. Doch mit dem Argument, dass die besagte Verfügung keine weiteren Abklärungen mehr bedürfe, wurde er vom Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen nicht dazu eingeladen.
Im Kampf gegen das Gesetz
Sich in sein Schicksal zu fügen und seinen «besten Freund» kampflos zu verlieren, war für den Liechtensteiner keine Option. So ging er gemeinsam mit seinem Anwalt auf dem Beschwerdeweg gegen die Verfügung vor. Anfang Oktober erreichte ihn dann der schriftlichen Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs. Ein freudiger Moment, denn darin steht, dass dieser die relevante Bestimmung im Hundegesetz ebenfalls als verfassungswidrig erachtet. Da der Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht von sich aus einen Gesetzesartikel als ungültig erklären kann, stellte er den Antrag an den Staatsgerichtshof, das Hundegesetz diesbezüglich zu prüfen.
Punkt 1: Wertungswiderspruch
Dass die Haltung von «potenziell gefährlichen» Hunden von einer Bewilligung abhängen soll, befürwortet der Verwaltungsgerichtshof. «Eine diesbezügliche Regelung muss jedoch sachlich und verhältnismässig sein», schreibt er im Antrag an den Staatsgerichtshof. Wie unverhältnismässig und damit unsachlich die getroffenen Bestimmungen seien, zeige sich im direkten Vergleich mit dem Waffengesetz.
So ist laut Waffengesetz der Erwerb und der Besitz von Waffen für jene Personen untersagt, welche wegen eines Verbrechens oder Strafdelikts verurteilt wurden. Dieses Waffenverbot gilt für die Dauer von fünf Jahren – gerechnet von dem Tage, an dem die Strafe verbüsst ist oder nachgesehen wurde. Im vorliegenden Fall des 31-jährigen Liechtensteiners wurde die endgültige Strafnachsicht im Oktober 2003 erteilt. Der Beschwerdeführer könnte also theoretisch ab Oktober 2008 wieder eine Waffe besitzen.
Das Hundegesetz bezieht sich im Gegensatz dazu nicht auf einen bestimmten Zeitraum zwischen der Antragstellung und einer allfälligen Straftat, sondern macht die Bewilligung davon abhängig, ob eine Person wegen Gewaltdelikten vorbestraft ist. Und wie Andreas Batliner, Vorsitzender des Verwaltungsgerichtshofs erklärt, würden die Strafen der besagten Person entsprechend dem Tilgungsgesetz frühestens im Jahre 2021 aus dem Strafregister gelöscht. Erst dann dürfte er wieder einen «potenziell gefährlichen» Hund halten. Lässt sich der 31-jährige bis dahin noch weitere Straftaten zuschulden kommen, könne sich diese Frist sogar noch massgeblich verzögern – selbst wenn die nachfolgenden Taten nichts mit einem Gewaltdelikt zu tun hätten.
«Es erscheint dem Verwaltungsgerichtshof als ein stossender Wertungswiderspruch, dass eine Person unter deutlich weniger strengen Voraussetzungen eine Waffe erwerben und besitzen darf als einen Hund», sagt Andreas Batliner. «Aus diesem Grund erscheint die Wortfolge des Gesetzesartikels, die sich ausschliesslich auf die Tatsache der Vorstrafe wegen Gewaltdelikten bezieht, als verfassungswidrig.»
Punkt 2: Interessensabwägung
Darüber hinaus erachtet der Verwaltungsgerichtshof auch die im Hundegesetz vorgesehene Übergangsfrist als verfassungswidrig. Zwar sei es verfassungskonform, wenn der Gesetzgeber auch für solche Tiere eine Bewilligungspflicht einführe, welche sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits bei einem Halter befinden. Doch wäre der Gesetzgeber angehalten, hierbei eine Interessensabwägung vorzunehmen. «Ein Hund hat schliesslich auch eine Seele und zwischen Mensch und Tier entsteht eine emotionale Bindung», sagt Andreas Batliner. «Es ist fragwürdig, ob der Gesetzgeber diese Beziehung zerstören darf, sofern es bisher keine Beanstandungen über das Verhalten des Tieres und seine Haltung gegeben hat.»
Eine Ermessensfrage
Wie der Staatsgerichtshof bezüglich Verfassungsmässigkeit des Gesetzesartikels entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Für Andreas Batliner ist es juristisch betrachtet ein sehr interessanter Fall, da es Argumente dafür und dagegen gebe. «Es ist eine Wertungssache und der Entscheid hängt wohl auch davon ab, wer der entsprechende Richter ist.» In ungefähr einem Jahr wird das endgültige Urteil gefallen sein. Zumindest bis dahin darf der 31-Jährige die gemeinsame Zeit mit seinem Staffordshire noch geniessen.
http://www.vaterland.li/page/lv/artikel_detail.***?id=26475