RÄTSEL UM VERBLEIB VON 293 KAMPFHUNDEN
Wieder Ermittlungen gegen Ex-Tierheimchef Poggendorf
VON ULRICH GASSDORF30. Juli 2009, 06:00 Uhr
Der Vorstand hat Anzeige gegen Wolfgang Poggendorf erstattet. Wurden Hunde
in die Slowakei weitergegeben und für Hundekämpfe missbraucht?
Der ehemalige HTV-Vorsitzende Wolfgang Poggendorf hält einem jungen
Kampfhund, der in einem Zwinger im Tierheim Süderstraße untergebracht ist,
seine Hand hin.
Foto: Dieter Lüttgen/ORIGINAL zu : O:\BILDER\B_FERTIG
HAMBURG. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt nach
Abendblatt-Informationen erneut gegen Wolfgang Poggendorf, ehemaliger
Vorsitzender des Hamburger Tierschutzvereins (HTV). Auf Anfrage bestätigte
Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers lediglich: "Wir haben aufgrund einer
Strafanzeige ein Ermittlungsverfahren (Az.: 7400 Js 477/09) gegen zwei
Beschuldigte wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz
eingeleitet."
Die Chronik der Affäre Poggendorf:
Die Strafanzeige (liegt dem Abendblatt vor) hat der amtierende Vorstand des
Hamburger Tierschutzvereins (HTV) gegen Poggendorf und Matthias Köhler
gestellt. Köhler ist der Geschäftsführer der Deutschen Wach- und Schutzhund
Service (DWSS) GmbH mit Sitz in Blumberg in Brandenburg. Es geht um 293
Hunde, überwiegend Kampfhunde, die laut HTV-Vorstand von 2002 bis 2007
während der Poggendorf-Ära aus dem Tierheim Süderstraße an den DWSS
vermittelt wurden: "Wir haben den schrecklichen Verdacht, dass die Hunde
über den DWSS in die Slowakei an einen Tierarzt weitergegeben und dort für
Hundekämpfe missbraucht wurden", sagte die HTV-Vorsitzende Gabriele
Waniorek-Goerke.
Fakt ist: Im Jahr 2007 wurden aus dem Tierheim Süderstraße 44 Kampfhunde an
den DWSS vermittelt, wie das Abendblatt bereits im Februar 2008 berichtete.
Nach damaligen Angaben der Gemeinde Ahrensfelde, in der der DWSS seinen Sitz
hat, wurden dann 42 dieser Tiere an einen Tierarzt in der Slowakei
weitergegeben. Der Veterinär hatte an Eides statt versichert, dass keines
dieser Tiere zu Hundekämpfen vermittelt wurde, sondern dass diese an
verantwortungsvolle Halter gingen. Doch Gabriele Waniorek-Goerke hat ihre
Zweifel: "Dass ausgerechnet ein Tierarzt in der Slowakei zahlreiche dieser
Tiere in gute Hände vermittelt haben soll, ist wenig nachvollziehbar. Ein
Nachweis darüber steht bisher aus."
Unklar ist, ob der Tierarzt weitere der aus Hamburg nach Brandenburg
vermittelten Hunde übernommen hat. Bei den meisten der insgesamt 293 Hunde
handelte es sich um Rassen, die laut Hamburger Hundegesetz als gefährlich
gelten. Dazu gehören American Staffordshire Terrier oder Bullterrier.
Zum Verbleib der Hunde und zu den Vorwürfen des amtierenden HTV-Vorstandes
machte DWSS-Geschäftsführer Köhler auf Abendblatt-Anfrage keine Angaben.
Auch Wolfgang Poggendorf wollte keine Stellungnahme abgeben.
Für die Übernahme der Hunde hat der HTV von 2002 bis 2007 offensichtlich
viel Geld an den DWSS bezahlt: "Es dürften an den DWSS schätzungsweise rund
150 000 Euro geflossen sein. Uns liegen zahlreiche Schecks vor, die von
Herrn Poggendorf unterschrieben wurden und für Herrn Köhler beziehungsweise
DWSS bestimmt waren. Zumindest ein Teil des Geldes wurde von der Stadt
Hamburg beigesteuert", sagt Waniorek-Goerke.
Fest steht: Die zuständige Gesundheitsbehörde hat von 2004 bis 2006 in 79
Fällen für die Vermittlung von gefährlichen Hunden nach Brandenburg jeweils
460 Euro an den HTV bezahlt - insgesamt mehr als 36 300 Euro. Im Jahr 2007
wurden laut Behörde 54 weitere Hunde nach Brandenburg vermittelt, dafür
erhielt der HTV wegen einer neuen Vereinbarung sogar bis zu 700 Euro pro
Tier. Das bestätigte Behördensprecher Rico Schmidt dem Abendblatt: "Wir
haben für jede Vermittlung einen schriftlichen Nachweis des HTV erhalten.
Daraus geht auch hervor, wer der Empfänger der Tiere in Brandenburg war. Was
danach mit den Hunden passiert ist, ist uns nicht bekannt."
Der HTV-Vorstand setzt nun alle Hoffnung in die Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft Hamburg: "Wir geben erst Ruhe, wenn das Schicksal der
verschwundenen Hunde aufgeklärt ist", sagt Gabriele Waniorek- Goerke.
http://www.abendblatt.de/hamburg/art...ungen-gegen-Ex
-Tierheimchef-Poggendorf.html