AW: Erdbeben Staerke 8.8 in Chile
Hi,
muss noch mal ein paar kritische Gedanken äussern.
Wenn man so ein Beben schadlos überlebt, hat man Schwein gehabt.
Es war Samstag morgen um 3.30 am, hatte gerade eine halbe Stunde geschlafen, spürte das Beben und meine erste Reaktion war, die Glotze festzuhalten, damit sie nicht runter fiel, sowie Freundin und Hunde zu beruhigen. Es schien überhaupt nicht aufzuhören, mal ein links- und mal ein rechts Ruck, konstantes Rütteln, sowie vom Gefühl her, mit einem kleinen Boot durch Stromschnellen zu fahren. Das Ganze dauerte 2.5 Minuten. Vorher kannte ich nur kleine Erdstösse, die es hier öfters gibt.
Es gab keinen Strom mehr, dafür aber nach 5 Minuten ein intensives Nachbeben. Die Möbel sind ungefähr einen Meter durchs Haus gewandert und alles was runterfallen konnte, tat dies auch. Schäden am Haus konnte ich nicht feststellen.
Am nächsten Morgen fuhren wir in die Innenstadt, wo wir dann heftige Schäden sahen, in keinem Geschäft stand mehr was, Adobehäuser, grösstenteils zusammengefallen, fast alle Fenster und Dächer kaputt und alles zu. Viele Menschen, auf der Suche nach was Essbaren und Wasser.
Es gab keinen Strom, Wasser, Telefon, Radio und Fernsehen mehr, man konnte sich nicht informieren, keinem Bescheid geben, das man es überlebt hatte und wusste nicht, war es ein Erdbeben, oder Vulkanausbruch, wars das, oder kommt noch mehr. Es gab aber ca,130 Nachbeben.
Im Grunde war man froh, das so wenig passiert ist, da man sich bei so etwas, eine totale Zerstörung vorstellt.
Samstag nachmittag gabs dann endlich wieder Wasser. Ab Sonntagabend bekam ich dann im Autoradio einen Sender rein, wodurch ich mich über das Geschehene informieren konnte.
Schäden gibt es von Valdivia bis La Serena, ca 1400 Km, an der ganzen Küste gabs insgesamt 3 Tsunamis, dadurch sind fast alle Küstenstädte und Dörfer vernichtet worden, teilweise 80 % der Häuser zerstört. Da es leider das letzte Sommerferienwochenende war, war die Küste mit Touristen voll, es sind Discos, voll mit Jugendlichen, ins Meer gespült worden. Wenige konnten sich auf Hügel retten.
Bei uns stabilisiert sich die Lage langsam, sei vorgestern haben wir Strom und Telefon und seit heute Fernsehen und Internet, Geschäfte haben immer noch zu, aber es gibt wieder Brot und zwei Supermärkte haben mit starken Polizei und Militärschutz geöffnet.
Seit gestern gibt es Ausgangssperren in der Nacht, ganze Horden, rauben Geschäfte und Häuser aus und zünden sie an. Den Helfern werden sogar die Fahrzeuge geklaut, Leute die Lebensmittel, Wasser, Kleidung und Essen verteilen, werden verprügelt. Selbst Menschen die kaum etwas retten konnten und mit ihren wenigen Habseligkeiten in Zelten auf der Strasse schlafen, werden ausgeraubt.
Viele Händler versuchen, mit Wucherpreisen, sich eine goldene Nase zu verdienen.
Es ist so abartig, das man sich fragen könnte, ob es ein Glück war überlebt zu haben. Soviel Abschaum, habe ich noch nie erlebt, obwohl ich hier schon einiges erlebt habe.
Das es trotzdem sehr viele Leute gibt, die Spenden und versuchen zu Helfen, wo es nur geht, finde ich bewundernswert und lässt einen Funken Hoffnung weiter Glimmen.
Gruss
Jorg
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