Bgh
Schadensersatz des Welpenkäufers bei körperlichem Defekt des Hundes - Urteil
des Bundesgerichtshofs vom 22.06.2005 (BGH NJW 2005,2852 ff.)
Gut drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01.
01.2002 hatte sich nunmehr der BGH in einem Revisionsverfahren u.a. mit der Frage zu befassen,
ob und ggfls. unter welchen Voraussetzungen ein Hundezüchter Schadensersatz in
Gestalt von Tierarzt- und Operationskosten für mögliche genetische Fehler eines Hundes zu
leisten hat.
Auslöser des Prozesses war eine etwa vier Monate nach Übergabe des Welpen tierärztlich
diagnostizierte Fehlstellung des Sprunggelenks der rechten Hintergliedmaße, die zu einer
übermäßigen 0-Beinigkeit führte. Der Züchter bot die Rücknahme des Hundes gegen Kaufpreiserstattung
bzw. eine Minderung desselben an, der Käufer verlangte indes Schadensersatz
insbesondere für die Operationskosten sowie die Übernahme der weiteren Kosten, welche
im Hinblick auf die zu Lebzeiten des Hundes weiter erforderlichen Behandlungsmaßnahmen
anfallen. Das Landgericht Oldenburg hat dem Welpenkäufer in der Berufungsinstanz
diese Ansprüche noch mit der Begründung zuerkannt! der Hundezüchter sei Unternehmer
und damit gelange die Beweislastregelung des Verbrauchsgüterkaufs (5 476 BGB) zur Anwendung,
welcher zufolge innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe das Vorliegen
des Sachmangels vermutet werde. Diesen Mangel habe der Verkäufer auch zu vertreten, da
er als Züchter für eventuelle genetische Fehler des Hundes einzustehen habe.
Diese Auffassung teilte der BGH nicht. Nach seiner Ansicht hat ein Züchter nicht schlechthin
für eventuelle genetische Fehler eines Hundes einzustehen. Vielmehr soll ein Züchter, der
eine Garantie für eine bestimmte Entwicklung des Tieres nicht übernommen hat, dessen anlagebedingte
Fehlentwicklung im wesentlichen nur dann zu vertreten haben, wenn er für die
genetischen Ursachen der Fehlentwicklung deshalb die Verantwortung zu tragen hat, weil er
bei der Zucht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und damit zumindest
fahrlässig gehandelt hat.
Im zu entscheidenden Sachverhalt sah der BGH keinen derartigen Fahrlässigkeitsschuldvorwurf,
da nichts dafür ersichtlich war, daß der Züchter seine Zucht entgegen den dafür geltenden,
auf Wissenschaft und Erfahrung beruhenden züchterischen Grundsätzen betreibt.
Vielmehr züchtet dieser seit über 30 Jahren national und international erfolgreich, war selbst
Zuchtwart und auch die übrigen Welpen des Wurfs wiesen keinen entsprechenden Mangel
auf. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Welpen war daher für ihn nicht erkennbar, daß das
Tier eine genetische Fehlentwicklung aufwies. Im Ergebnis scheiterten folglich sämtliche
denkbaren Schadensersatzansprüche des Käufers daran, daß dem Züchter keine von ihm zu
vertretende Pflichtverletzung bei der Zucht vorgewoifen werden konnte. Der Käufer hätte
allerdings - ohne daß es auf eine entsprechende Pflichtverletzung angekommen wäre - vom
Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern können. Dies hat er allerdings abgelehnt.
Leider hat der BGH die für viele Züchter bedeutsame Frage, ab welchem Umfang ihrer Tätigkeit
sie als Unternehmer anzusehen und damit die strengeren Regeln des Verbrauchsgüterkaufs
(@ 474 ff. BGB) anzuwenden sind, nicht beantwortet. Das Landgericht Oldenburg ist
in der Vorinstanz jedenfalls davon ausgegangen, daß bei 50 verkauften Welpen pro Jahr von
unternehmerischem Handeln auszugehen sei. Diese Auffassung dürfte im Hinblick darauf,
daß auch der Kleingewerbetreibende als Unternehmer anzusehen und eine Gewinnerzielungsabsicht
nicht erforderlich ist, zutreffend sein. Auf der anderen Seite dürfte in Anlehnung
an den Begriff des gewerbsmäßigen Züchters nach dem TierSchG (vgl. Ziff. 12.2.1.5.1 der
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Tierschutzgesetz) wohl noch kein Unternehmer sein,
wer ,,nurn zwei Zuchthündinnen oder zwei Würfe pro Jahr hat. Schwer vorhersehbar bleibt
prinzipiell alles, was über diese Grenzen hinausgeht, so daß eine Aussage des BGH wünschenswert
gewesen wäre.
Sofern es letztlich die Frage anbelangt, welche Mängel ein Züchter im Rahmen des Schadensersatzes
zu vertreten hat, kann jedenfalls grob festgehalten werden, da8 ein Züchter,
der sich an die geltenden, auf Wissenschaft und Erfahrung beruhenden züchterischen Grundsätze
hält, jedenfalls nichts falsch macht. Diese Vorgabe dürfte eigentlich eine Selbstverständlichkeit
sein.
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Urs
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