Ich streue hier mal eine "rationale" >>Statistische Auswertung von Sachverständigengutachten über Hunde mit Beißvorfällen in Bayern<< ein.
>>Insgesamt wurden 203 Gutachten ausgewertet, die im Zeitraum von 1997 bis 2004 erstellt wurden. Von diesen 203 Gutachten bezogen sich 136 auf Beißvorfälle mit Personen und 67 auf Beißvorfälle mit Artgenossen.<<
Scheint wohl statistisch gefährlicher zu sein, mit seinem Hund
nichts zu machen...
Zitat:
In Bezug auf die Nutzung (Definition siehe Kap. 3.4.5) der Hunde zeigte sich, dass 87,6% der auffällig gewordenen Hunde Familienhunde sind oder als „Lebensbegleiter“ von ihren Besitzern angesehen werden. Ein möglicher Grund für das gehäufte Vorkommen dieser Hunde könnte eine mangelnde Leitung, Führung sowie Kontrolle des Hundes sein. Häufig
werden Hunde in einer Familie in Bezug auf die Erziehung, Ausbildung und Führung vernachlässigt oder laufen „nebenher“. Eine bessere Kontrolle über den Hund seitens aller Familienmitglieder wäre wünschenswert. Dies wäre zum Beispiel durch einen gemeinsamen Besuch einer Hundesschule aller Familienmitglieder zu erreichen. Bei Hunden, die von ihrem Besitzer als „Lebensbegleiter“ angesehen werden, könnte eine sehr „vermenschlichte“ Haltung ein Grund für das auffällige Verhalten sein.
BRUNNER (1994) begründet eine Notwendigkeit in der Erziehung eines Hundes damit, dass bei einem Hund das Bedürfnis besteht, sich in eine soziale Ordnung einzufügen. Geschieht dies nicht, zeigt der Hund „unsoziale“ Verhaltensweisen, die nicht in die menschliche Umgebung passen. Diese Ausführungen konnten in der hier vorliegenden Arbeit bestätigt werden. Bei den Besitzerangaben über die Ausbildung (Definition siehe Kap. 3.4.6) der auffällig gewordenen Hunde hat sich gezeigt, dass 43,3 % der Rüden und 53,3 % der Hündinnen keinerlei Ausbildung oder Erziehung erhalten haben. Laut WIESNER und BOSTEDT (2000) können Anforderungen an ein angepasstes Verhalten des Hundes an das Lebensumfeld des Menschen nur dann vom Hund erfüllt werden, wenn der Mensch durch sein Auftreten ein entsprechendes Ausrichten des Verhaltens des Tieres an seine Person herbeiführt. Ein solches Auftreten des Halters entspricht funktional sehr deutlich dem Verhalten des „Alpha-Tieres“ in der Gruppenstruktur einer Wolfs- bzw. Hundesozietät. Hierzu gehört u.a. die Einübung subdominanten Verhaltens. Dabei kommt den einfachsten Unterordnungsübungen wie „Fuß“, „Sitz“ und „Platz“ bei der Prophylaxe der Hyperaggressivität eine sehr wichtige Rolle zu (REHAGE, 1992). Aufgrund der oben beschriebenen Ausführungen war es erstaunlich, dass Hunde, die eine Hundeschule besucht hatten an zweiter Stelle der auffällig gewordenen Hunde standen
(Rüden: 34,5%; Hündinnen: 22,2%). Ein Grund für dieses Ergebnis ist sicherlich, dass Besitzer von Hunden mit unerwünschtem Aggressionsverhalten zunächst Hilfe in einer Hundeschule suchen. GOLD (2005) untersuchte 16 Hundeschulen in Bayern und fand heraus, dass der Großteil der Ausbilder an den Hundeschulen sich ihre Qualifikationen
überwiegend über Seminare und Praktika oder Selbststudium erworben haben. Diese Hundeschulen sind meist nicht auf Problemhunde spezialisiert und können möglicherweise das Problemverhalten nicht lösen. Laut GOLD (2005) beschränkte sich die Ausbildung von Hunden mit „problematischem“ Verhalten in den meisten Hundeschulen auf maximal ein Viertel der ausgebildeten Hunde. Eine weitere Möglichkeit für das gehäufte Vorkommen von
auffällig gewordenen Hunden aus Hundeschulen wäre, dass der Besitzer, das in der Hundeschule gelernte Wissen über die Erziehung und Führung seines Hundes nicht konsequent umsetzt und somit das Problemverhalten bestehen bleibt.
Hunde, die als Schutzhunde ausgebildet wurden, kamen zu einem untergeordneten Prozentsatz in der Auswertung vor (Rüden: 2,2%; Hündinnen: 0%). Dies zeigt, dass gut ausgebildete Sport- und Schutzhunde kein Gefahrenpotential darstellen. Laut FEDDERSENPETERSEN (1994) sind es vielmehr die Hunde, welche im Rahmen des Hundesports aufgrund einer unbiologischen Dressur „auf den Menschen“ unberechenbar aggressiv geworden sind und die eine derartige Ausbildung nicht abgeschlossen haben.
|
Quelle: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München von Roman Mikus, München 2006, 5. Diskussion, Seite 65-66.
Interessant ist übrigens auch, dass Rüden wesentlich häufiger in Beissvorfälle verwickelt sind als Hündinnen und bei den Rüden signifikant mehr unkastrierte. Aber das nur nebenbei.