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Alt 20.10.2006, 13:03
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Ingrid Ingrid ist offline
Sankt Woopsulina
 
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Standard Ginas Chronicles oder Käthes zweiter Start

Ein Bild im Bull-Mastiff-Forum http://www.molosserforum.de/showthread.php?t=2832: So fing alles an. „Käthe“, eine Mastino-Mischlingshündin, etwas über ein Jahr alt, suchte vom Tierheim Berlin aus ein neues Zuhause. Beeindruckt von ihrem eleganten Körperbau und erfreut über die wenigen Falten dachte ich sofort: Ingrid, das ist DEIN Hund. Der Impuls brach sich erst mal in einem Postig mit vielen, vielen Herzchen in den Augen Bahn.
Kurz darauf doppelte Monica nach: Ich kriegte „Käthe“s Bilder nochmals von ihr, diesmal per Email. Das gab mir den endgültigen Schubs: Ich schrieb an Mone, die „Käthe“ zur Vermittlung ausgeschrieben hatte, und erkundigte mich, ob sie noch zu haben sei. Postwendend die positive Antwort, „Käthe wurde augenblicklich für mich reserviert, und Mone und ich waren uns einig, dass sie so bald als möglich da raus sollte.

So machte ich mich am 16. Oktober um kurz nach zehn Uhr auf den langen Weg nach Berlin. Die herzliche Aufnahme bei Mone zuhause, wo ich mit meinem Hütchen gleich den Spitznamen „Verhüterli“ erntete, das leckere Essen gemeinsam mit REA und die Übernachtung auf einem geradezu genialen Schlafsofa sowie das anschliessende feine Frühstück mögen hier nur kurz erwähnt sein, denn dann kamen wir zum Wesentlichen.

Im Tierheim

Mone fragte telefonisch an, wann wir willkommen seien, und wenig später fuhren wir gemeinsam in ihrem Wagen quer durch Berlin zum Tierheim, wo wir bereits von der Mitarbeiterin, die auch „Käthes“ Fotos geschossen hatte, erwartet wurden. Mone selbst blieb draussen beim Auto, und ich stakste auf hochhackigen Stiefeln (Schnapsidee, wie ich bald merken sollte) ins Gebäude, Abteilung Tierannahme. Dort überreichte man mir das Ende einer Leine, an dem ein vor freudiger Aufregung tobendes Energiebündel hing, das wenig Ähnlichkeit mit der Abbildung im Forum hatte. Dies hier war eindeutig eine Mastina – nicht übertypisch, aber wunderschön – und sie platzte förmlich vor Kraft. Proberunde war angesagt. Leicht destabilisiert durch das übermütige Hundemädchen neben mir marschierte ich zurück zu Mone, bei der ein anderer Hundebesitzer mit einem Langhaarschäferhund stand. Die Begegnung zwischen den beiden Hunden verlief friedlich, obwohl ich „Käthe“ ja nicht von der Leine lassen durfte. Dann wieder zurück in die Tierannahme, wo meine schon bei Mone zuhause ausgefüllte Selbstauskunft inzwischen, so meinte ich jedenfalls, weitergereicht worden war.
Ich wurde also mitsamt meiner kleinen Maus nach vorne geschickt, um in einem anderen Gebäude auf die Mitarbeiterin mit den Verträgen zu warten. Dort angekommen sagte man mir zu allererst, ich solle dort, wo ich gerade hergekommen war, das Selbstauskunftsformular holen gehen; ohne das sei nichts zu machen,und wandte sich ohne weiteren Kommentar einem Anruf zu. Ich wandte mich gerade zum Gehen, da rief mir die telefonierende Dame nach, ihre Kollegin sei gerade mit der betreffenden Stelle am Telefon, worauf ich pflichtschuldigst wieder kehrt machte. Die Kollegin liess sich meinen Reisepass zeigen und verlangte zusätzlich eine polizeiliche Meldebescheinigung, die ich nicht hatte. Erst als ich fragte, ob ich jetzt tatsächlich unverrichteter Dinge wieder in die Schweiz zurückfahren müsse, gab sie sich mit meinen Autopapieren und der mündlichen Zusicherung zufrieden, die dort vermerkte Adresse sei noch aktuell.
Es folgte einige Wartezeit, denn unglücklicherweise war die Mitarbeiterin, die die Verträge bringen sollte, gerade gebissen worden und musste sich ärztlich versorgen lassen. Als sie dann mit verbundenem Zeigefinger doch noch kam, ging alles recht schnell. Als erstes erfuhr ich, dass die Kleine doch erst ca. Dezember 2005 geboren sei. Nach einem Gespräch über im Tierheim erfolgte bzw. in der Folge noch erforderliche medizinische Versorgung und nachdem man mir eine kleine Tube mit Augensalbe gegen Konjunktivitis mitgegeben hatte, unterschrieb ich den Vertrag und entrichtete die Schutzgebühr in Höhe von EUR 205.-.
Draussen liess Mone die Kleine, die ich schon längst „Gina“ zu nennen angefangen hatte, ins Auto einsteigen, und wir machten uns auf den Rückweg. Gina, anfangs aufgeregt, betrachtete mit grossem, aber weitestgehend stummem Interesse die vorbeiziehende Landschaft, nur eine Strassenbahn hat sie kurz kommentiert. Nach ein paar Minuten richtete sie es sich etwas bequemer ein und sass fortan, eng gegen die Rücklehne meines Sitzes gedrückt, mit dem Blick nach seitlich hinten in ihrer rollenden Theaterloge.

Bei Mone gab’s dann die erste Hundmassage mit Trockenschaum gegen den typischen Tierheim-Geruch, ein bisschen Wasser zum Trinken und eine Runde ums Karree, immer in der Hoffnung, Gina möge sich doch erleichtern. Die beachtliche Gasbelastung im Wagen hatte uns gewarnt. Noch viiiiel zu aufgeregt, hat sie uns den Gefallen nicht getan und wurde so, wie sie war, in meinen Wagen gepackt.

Heimfahrt

Mone lotste mich noch bis zur Autobahnauffahrt, dann ging es Richtung Schweiz. Bei eher dichtem Verkehr und herrlichem Wetter brausten wir los, Gina hinter der Rückbank eher unzufrieden, wie sie mir mit Jammern bedeutete. Irgendwann habe ich dann zu singen angefangen, was mir eben gerade einfiel, und gleich wurde es im hinteren Teil des Wagens ruhiger. Diverse Tankstopps ohne besondere Vorkommnisse, aber kurz vor dem Rasthof Hohenlohe begann Gina sich wieder zu melden. Wir fuhren raus, und dann kam endlich, was schon so lange erwartet worden war. Der Parkplatzmülleimer wurde um ein gut verknotetes Säckchen reicher, und Gina stieg wieder ein, begleitet vom dem freundlich-besorgten Kommentar einer alten Dame, ich solle immer gut aufpassen, der Rottweiler ihres Enkels habe sich beim Einsteigen mal einen bösen Bänderriss zugezogen... Höfliches Danke, und weiter.
In Schaffhausen dann traf ich mich mit Alex im Hotel Bahnhof. Gina ging an der kurzen Leine mit ins Restaurant und bezauberte gleich die Bedienung, die ihr auch gleich ein Näpfchen Wasser brachte. Wir sassen dort so lange, wie man braucht, um einen Apfelsaft auszutrinken, dann fuhr Alex den Rest der Strecke bis nach Hause.

Home, sweet home

Ist das ein Hund oder ein Wiesel? Das Tempo, mit dem Gina alles abschnüffelte und von einer Attraktion zur nächsten hastete, legte die Frage nahe. In ebenfalls wieselartigem Tempo liess ich inzwischen alle Schuhe aus dem Eingangsbereich verschwinden – sicher ist sicher. Da ich damit rechnete, dass Gina am selben Abend, der schon recht fortgeschritten war, noch Treppen laufen würde, fiel die Abendration für sie nicht besonders reichlich aus. Dann war Schlafenszeit.
Gina erreichte das Bett vor mir, und sie war drinnen und machte sich so schwer es ging, bevor ich Papp sagen konnte. Fünf Mal habe ich sie achtkantig raus befördern müssen, bevor sie mitkriegte, dass ich sie dort wirklich nicht haben will. Danach verlegte sie sich darauf, durch die offene Balkontür hindurch die vorbeifahrende S-Bahn mittels geführlichen Anstarrens daran zu hinder, von den Geleisen zu springen und aufs Haus zuzugaloppieren. Nachdem ihr das ein paar Mal gelungen war, zog sie sich ins benachbarte Badezimmer auf die weicheren Matten zurück und schlief dort unter zartem Geschnarche ein. Als ich morgens aufstand, habe ich sie jedenfalls dort vorgefunden. Unten im Wohnzimmer bemerkte ich dann, dass sie sich während der Nacht entschlossen haben musste, das Anfeuerholz für den Kamin noch etwas kleiner zu machen. Sonst war alles intakt geblieben.

Den ersten Tag ist die Süsse kaum von meiner Seite gewichen, aber gegen Abend wechselte sie schon aus eigenem Antrieb das Stockwerk, wenn sie etwas interessierte, was sich an einem Ort befand, an dem ich gerade NICHT war. Und schon die zweite Nacht blieb sie ohne Murren im Erdgeschoss auf ihrem eigenen Bett liegen und schlief friedlich – ich konnte also Schlaf nachholen. Nun gut, ein fein gefüllter Kong hat ein wenig zu ihrer Beschäftigung beigetragen... Ich hatte den Fettrand von einer geräucherten Entenbrust abgezupft und die klebrigen Streifchen in den Kong praktiziert, was dem Teil ein offenbar unwiderstehliches Aroma bei rel. geringer Ausbeute gab. Gina war’s zufrieden...

Da gibt es noch so einen Punkt – er ist etwas heikel... Gina will Alex für sich! Sie schiebt sich ihm unter auf eine Art, dass es langsam peinlich wird. Mit anbetungsvollem Augenverdrehen und Allem. Und nehm‘ ich ihn in den Arm, will sie dazwischen, zieht zur Hälfte auf, schleckt sich die Schnute, zeigt bei zitterndem Unterkiefer die unteren Schneidezähnchen und jammert leise vor sich hin... Diese kleine Mistkröte-! Das hab‘ ich nötig, einen veritablen Anstandswauwau im eigenen Haus...

Dabei ist sie grundsätzlich eher von der „Achtung, Mann!!!“-Fraktion. Kommt Alex unvermittelt herein, dann meldet sie erst mal und merkt erst dann, dass ja ER es ist, den sie gar nicht zu verbellen braucht.

Spazieren, Premiere

Die Allmend des Nachbarorts: Ein Tummelplatz für die Hunde der ganzen Gegend. Es herrscht ein freundlich-entspanntes Klima; man bewundert die Hunde und freut sich an ihrem gemeinsamen Toben. Gina rennt wie eine Besessene, spielt und tobt mit allen Hunden, bei aller Ausgelassenheit aber immer mit Rücksicht auf deren Statur, Alter und Befinden. Ihre zwischenhundlichen Kommunikationsqualitäten sind wirklich beachtlich-! Extra Spielstunden kann ich mir schenken, auf der Allmend kriegt die Kleine alles, was sie braucht.
Natürlich beobachte ich scharf und gehe beim ersten Anzeichen von Müdigkeit, spätestens aber nach einer halben Stunde wieder mit ihr zum Auto. Sie trägt zusätzlich zum Halsband ein Geschirr, an dem ich sie beim Ein- und Aussteigen unterstützend fassen kann, damit ihre Gelenke geschont werden.
Angehängte Grafiken
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Hundachtungsvoll,
Ingrid

Geändert von Ingrid (04.12.2006 um 09:52 Uhr) Grund: Link zum Ursprungsthread eingefügt
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