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Wie man sehen kann, ist eine subklinische Unterfunktion der Schilddrüse auf keinen Fall zu unterschätzen! Generell sollte man also bei einer Analyse der Schilddrüsenwerte folgendes beachten:
1. Schon diese subklinische Form, bei der die Werte zwar noch in der Norm selbst, aber nahe am unteren Grenzwert liegen, sollte genau in Augenschein genommen werden, da sie den Beginn einer Störung der Schilddrüse andeuten und schon gravierende Auswirkung auf das Verhalten des Tieres haben kann.
2. Eine Schilddrüsenunterfunktion kann auch durch eine Autoimmunerkrankung bedingt sein. Dabei richtet sich das Immunsystem gegen körpereigene Stoffe, wie zum Beispiel gegen T3 oder T4. Diese autoimmun bedingte Thyroiditis ist vor allem bei größeren Rassen weit verbreitet, wird aber oftmals erst nach dem Auftauchen der klinischen (körperlichen) Symptome, also im fortgeschrittenem Stadium erkannt. Da eine Autoimmunkrankheit immer einen genetischen Effekt darstellt und vererbbar ist, sollten auf jeden Fall Zuchttiere eingehend auf eventuelle Schilddrüsenfehlfunktionen untersucht werden, da sie dies sonst an die Welpen weitergeben können – 80% aller Hypothyreosefälle fallen in diese Kategorie!
3. Eine Veränderung der Schilddrüsenwerte muss nicht unbedingt eine Fehlfunktion der Schilddrüse an sich zur Ursache haben. Wenn man sich die Komplexität des caniden Organismus vor Augen hält, kann man durchaus nachvollziehen, dass niedrige Werte auch aus einer anderen Erkrankung des Tieres resultieren können (=Sick Euthyroid Syndrom oder auch Non-Thyroid Illness, genannt NTI). Unfälle, Stress, Infektionserkrankungen, Nahrungskarenz, Medikamente, sowie Leber- und Nierenerkrankungen sind dabei die geläufigsten Ursachen.
4. Was wird getestet – die Hormone im Einzelnen
Gerade bei der Analyse der Schilddrüsenwerte ist es manchmal unerlässlich, die Zusammenhänge zu verstehen und die einzelnen Hormone und ihre Bedeutung zu kennen – denn oftmals versagen hier sogar die Tierärzte! Die ideale Untersuchung der Schilddrüse umfasst mindestens die folgenden Werte:
Gesamt T4, freies T4, Gesamt T3, freies T3, TSH, TgAA, freie Antikörper gegen T4 und freie Antikörper gegen T4 – je mehr Werte, desto größer die Aussagefähigkeit der Analyse.
Gebundenes T4, freies T4, Totales T4:
Die Schilddrüse bildet zwei Hormone, das Tetrajodthyronin oder auch Thyroxin (T4) und das Trijodthyronin (T3) und gibt diese an das Blut ab. Im Blut werden dann die Schilddrüsenhormone bis auf einen kleinen Teil, den sog. freien Hormonen, an Eiweißstoffe gebunden und dienen als Reservoirs, aus denen die freien Hormone rasch nachgeliefert werden können. Das gebundene T4 an sich alleine ist als Indikator für eine Fehlfunktion der Schilddrüse denkbar ungeeignet, da es durch schilddrüsenunabhänige Faktoren leicht beeinflusst werden kann – Medikamente, anderweitige Erkrankungen etc. Das freie T4 dagegen ist von solchen äußeren Einflüssen nicht betroffen. Manche Labortests bestimmen das sogenannte totale, also das freie und das gebundene T4 zusammen, andere schlüsseln einzeln auf. Um eine aussagekräftige Diagnose treffen zu können, ist die Angabe des freien Hormonwertes dringend erforderlich!
T3 und freies T3:
Wie auch T4 wird T3 in der Schilddrüse gebildet und ans Blut abgegeben – der Großteil der T3-Hormone entsteht jedoch aus einer Umwandlung von T4 in T3. Diese Umwandlung erfolgt in den verschiedenen Organen (besonders Leber, Niere und Muskeln). T3 alleine auszuwerten ist ebenfalls nicht geraten, es kann in Verbindung mit den T4-Werten jedoch einen hilfreichen Beitrag zum Schilddrüsenprofil leisten.
Genauso wie das freie T4 stellt das freie T3 den biologisch aktiven Part des Hormons dar. Bei euthyroiden Tieren sind die Werte von T3 nur leicht erhöht, bei Hunden mit T3-Antikörpern jedoch extrem erhöht.
TSH:
TSH ist das Hormon, das die Hormonproduktion, die Hormonausschüttung und auch das Wachstum der Schilddrüse fördert. TSH wird im Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet und gelangt über das Blut zur Schilddrüse. Die Menge an TSH selbst wird permanent über die Menge an freiem T3 bzw. T4 im Blut gesteuert. Je geringer die Werte der Schilddrüsenhormone, desto stärker steigt die Menge an TSH (je weniger Schilddrüsenhormone vorhanden sind, desto stärker muss die Schilddrüse zur Produktion aktiviert werden).
Thyreoglobulin-Autoantikörper oder auch TgAA:
Thyreoglobulin selbst wird in der Schilddrüse gebildet und dient der Herstellung bzw. Speicherung der Schilddrüsenhormone. TgAA zerstören diese T3- und T4-produzierenden Zellen der Schilddrüsen. Bei fortschreitender Erkrankung ist die Schilddrüse nicht mehr in der Lage, T3 oder T4 zu bilden.
TgAA werden immer im Fall einer autoimmun bedingten Schilddrüsenunterfunktion gebildet und dienen dann im Zusammenhang mit T4 und TSH der Untermauerung des Verdachts auf Hypothyreose.
Antikörper T4 und T3:
Die Antikörper T4 und T3 richten sich immer gegen die einzelne Hormone selbst, nicht gegen die Schilddrüsenzellen an sich und sind ein Indikator für eine weitere immunvermittelte Schilddrüsenfehlfunktion des Tieres.
5. Interpretation der Ergebnisse
Es ist immer ratsam, sich bei der Analyse an kompetente Fachleute zu wenden – selbst die meisten Tierärzte scheinen sich der Bedeutung der einzelnen Werte gerade im subklinischen Bereich oftmals gar nicht bewusst und wichtige Faktoren werden zum Nachteil des Tieres übersehen. Besonders zu empfehlen ist in Deutschland auf jeden Fall die Gesellschaft für Tierverhaltenstherapie (
http://www.gtvt.de ), deren Mitglieder sich auch gerne mit dem behandelnden Tierarzt in Verbindung setzen, um eine bestmögliche Therapie des Tieres sicherzustellen.
Im folgenden nun einige Interpretationsmöglichkeiten der Ergebnisse:
(Quelle:
http://www.laboklin.de/l_aktuel/lbi0104.htm )
T4 erniedrigt und TSH erhöht:
mit größter Wahrscheinlichkeit Hypothyreose
T4 erniedrigt und TSH normal:
Wahrscheinlich euthyreot krank; da ca. 15% der hypothyreoten Hunde ebenfalls keinen erhöhten TSH-Spiegel aufweisen, sollten Thyreoglobulin-Antikörper zusätzlich bestimmt werden (Nachweis der Entzündung, die bei Hypothyreose fast immer vorliegt). Alternativ könnte ein TRH- oder auch TSH-Stimulationstest erwogen werden.
T4 normal und TSH erhöht:
Erholungsphase nach nicht-thyreoidaler Erkrankung oder Kompensationsphase im Verlauf progressiver Entzündung. Die Bestimmung der TgAA zur Differenzierung beider Phänomene sollte erwogen werden.
T4 und TSH normal, TgAA erhöht::
Sichtbare Funktionseinschränkung (Prognose über Progression der Krankheit und damit Beginn eines klinisch sichtbaren Funktionsverlustes nicht möglich)
Während obige Interpretation sich eher auf die klinische und damit offensichtliche Hypothyreose bezieht, hat Dr. Jean Dodds, eine amerikanische Veterinärmedizinerin und führend in Sachen subklinischer Schilddrüsenunterfunktion, folgende (einfache) Richtlinien für die Bestimmung subklinischer Hypothyreose für den Laien entwickelt:
Man bilde den Mittelwert der oberen und unteren Grenzwerte (50%-Marke).
Ist der vom Labor für den Hund analysierte Wert bei dem jeweiligen Hormon niedriger als diese 50%-Marke, ist eine Behandlung aufgrund eines Verdachtes auf grenzwertige Schilddrüsenunterfunktion angeraten.
Untergrenze Obergrenze Mittelwert
T4 gesamt 1,5 4,5 3
Freies Thyroxin 0,6 3,7 1,85
T3 0,2 2,0 1,1
Achtung: die Wertespanne kann bei den einzelnen Laboren variieren!
Bei der Analyse der Werte sollte man beachten, dass es rassespezifische Unterschiede bei den Normwerten gibt. Die optimalen Werte von großwüchsigen Rassen sollten mindestens um den Mittelwert des Normenbereichs, wenn nicht sogar höher liegen, die Werte von kleinwüchsigen Rassen eher im oberen Viertel, von Junghunden im Allgemeinen im oberen Bereich, die Werte von gesunden Sichtjägern wie einem Greyhound jedoch im unteren. Auch bei älteren Tieren sinken die Werte normalerweise in den unteren Bereich der Wertespanne.
Wie schon erwähnt: die meisten Labore und Tierärzte sehen eine subklinische Unterfunktion nicht als behandlungsbedürftig an bzw. verkennen das Problem! Unter diesen Umständen ist es unbedingt geraten, einen Experten hinzuzuziehen (siehe obigen Link zur GTVT)!
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