Quelle: Peter Kühlechner
Behandlung der Epilepsie
Epilepsie kann medikamentös behandelt werden. Krampfhindernde Medizin ist vielfach erprobt, und Ihr Tierarzt kennt sich hier bestens aus.
Um Misverständnissen vorzubeugen: Die Grundlage der primären Epilepsie kann nicht beseitigt werden, aber die Symptome können meistens und deutlich gelindert werden.
Aber ich will um die Frage, behandeln oder nicht (sprich: einschläfern lassen), nicht zu schnell hinweg gehen.
Erstens ist Epilepsie nicht gleich Epilepsie. Es gibt starke und weniger starke Ausprägungen. Aber egal um welche Intensität es sich handelt, denken Sie immer daran, daß das Tier keinen Schmerz spürt. Der Mensch ist es in erster Linie, der mit der Krankheit bzw. seiner Erscheinungsform Probleme hat.
Ich möchte an dieser Stelle den Epilepsie-Experten Dr. Wood zitieren:
"Meiner Meinung nach werden voreilige Entscheidungen zum Einschläfern epileptischer Hunde zuvorderst von Menschen getroffen, die sich davor fürchten, daß ihr Tier einen Anfall hat oder die fälschlicher Weise annehmen, daß das Tier während und nach der Attacke schrecklich leidet. Während eines Anfalls sind die Tiere nicht in der Lage, Schmerzen oder Angst wahrzunehmen, zumindest erinneren sie sich nicht daran. Dies basiert auf Erkenntnissen bei der Epilepsie des Menschen, und ist - obwohl nicht völlig beweisbar - eine verläßliche Extrapolation aus der Human-Medizin. Der Anfall ist fast immer für den Betrachter wesentlich traumatischer als für das Tier selbst.
Das Bemühen, das Tier vor Verletzungen zu schützen (ins Wasser fallen, gegen irgend etwas zu laufen ...) ist alles, um was sich ein Dabeistehender kümmern sollte - nicht darum, daß das Tier während des Anfalls leiden könnte.
In Bezug auf die Lebensqualität muß noch ein anderer Mythos zerstört werden, nämlich daß epileptische Tiere unglücklich und nicht in der Lage sind, ein zufriedenes Leben zu führen. Viele Besitzer berichten von einer andauernden Veränderung im Temperament nach dem ersten Anfall, und einige berichten, daß der Hund anscheinend nicht mehr so glücklich ist, seit er krampfhemmende Medikamente bekommt. Trotzdem ist es völlig normal, daß diese Tiere ein langes und erfülltes Leben haben - mit gelegentlichen oder seltenen Anfällen. Und es scheint mir unmoralisch, den voreiligen Schluß zu ziehen, daß man sich um diese Tiere nicht liebevoll kümmern kann und ihnen nicht erlaubt, friedlich und in der Umgebung ihrer Familie ihr Leben zu verbringen. " Ende des Zitats.
Also nicht aufgeben.
Zur Behandlung konkret. Wie gesagt die Medikamentation erhalten Sie von Ihrem Tierarzt. Eines müssen Sie aber unbedingt selbst sicherstellen:
die konsequente Einhaltung der verordneten Dosis. Ihr Tierazt wird von Zeit zu Zeit die Wirkung überprüfen und die Dosis anpassen. Einer der häufigsten Fehler, die von Hundehaltern in diesem Fall gemacht wird, ist der, daß sie die Dosis unterschreiten (z.B. weil sie von den Nebenwirkungen abgeschreckt werden) anstatt der Steigerung der Dosis, wie sie der Tierarzt verordnet hat, bedingungslos zu folgen.
Und warten sie nicht zu lange: spätestens beim zweiten Anfall sollte mit der Behandlung begonnen werden - je früher, desto größer sind die Erfolgschancen.
Der etwas ruhigstellende Effekt (Sedativum) der Medikamente läßt meist nach ein paar Wochen nach, und die anderen Nebenwirkungen mögen sich schlimm anhören - aber, was ist denn schlimmer: permanente Steigerung der epileptischen Intensität oder kontrollierte Nebenwirkungen?
Zum Abschluß nochmal: achten Sie mit darauf, daß die Möglichkeiten einer sekundären Epilepsie ausgeschlossen, d.h. untersucht worden sind. Sie sind zwar relativ in der Unterzahl, aber es nützt Ihrem Hund wenig, wenn er krampfhindernde Medikamente bekommt, in Wirklichkeit aber eine Korrektur im Stoffwechsel angebracht (und ausreichend) wäre.
Wenn Ihr Tierarzt von Anfang an und ohne weitere Nachfrage von einer primären, vererbten Epilepsie ausgeht - wechseln Sie den Tierarzt (die Damen und Herrn Doktoren mögen mir verzeihen!)
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