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Fingerspitzengefühl und nicht gleich aufgeben
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Hallo,
auf dieser Seite geht es um das Thema „Fingerspitzengefühl und nicht gleich aufgeben” und alles was damit zu tun hat.
Sollte sich in den Beiträgen auf dieser Seite nicht das Richtige finden lassen, frag doch einfach eben direkt hier im Forum nach.
Mit vielen tausenden registrierten Mitgliedern lässt eine passende Antwort ganz bestimmt nicht lange auf sich warten!
Schöne Grüße, Markus
Faltendackelfrauchen 05.03.2005, 13:03 Hallo zusammen,
nun habe ich hier im Forum einige mißglückte Vermittlungen mitbekommen. Man kann nur mit dem Kopf schütteln mit welcher Unwissenheit viele Interessenten an die Sache herangehen.
Man hat den Eindruck, die Leute glauben, ein aufgenommener Nothund hat sich sofort und für immer einzufügen ohne wenn und aber. Ein Nothund hat einen "dankbar" zu sein usw. usw.
Wieso sind die Leute nicht in der Lage, sich in die Situation des Hundes zu versetzen?
Der Hund wurde entwurzelt, kommt in ein neues Zuhause, hat vielleicht viele schlechte, eventuell traumatisierende oder keine Erfahrungen mit anderen Menschen, Tieren, Umgebungen gemacht. Wie wehrt sich ein Hund, wenn er sich nicht zu helfen weiß?? Richtig, mit den Zähnen, denn oft verstehen die Menschen seine Körpersprache nicht, ignorieren seine Gesten und Hinweise. Ein Hund, der dann zum letzten Mittel greift, ist noch lange keine Bestie!
Ich habe im November Berta genommen. Es hieß, sie habe einen großen Schutztrieb und sei futterneidisch und als Zweithund nur bedingt geeignet.
Es lief dann so, wie oft bei umplazierten Hunden:
Der neue und der alte Hund beobachteten die neue Situation zwei Wochen lang und versuchten zu sondieren und auszukundschaften. Alles blieb friedlich. Ich hoffte auf eine reibungslose Eingliederung.
So und dann ging hier der Tanz ab. Berta tyrannisierte Paul, es war vom feinsten. Sie verprügelte ihn wegen jeder Kleinigkeit, biß ihn Löcher in Wamme Nase und ein Riesenloch in die Lefze. Das ging 4 Wochen. Ich hatte Angst, ich würde es nicht geregelt kriegen. Aber Weggeben kam nicht mehr in Frage. Ich hatte mich für Berta entschieden. Ich mußte beide alleine lassen, denn ich arbeite! Ich hatte Angst, ich käme heim und beide wären verbissen. Und siehe da, nun hat sich alles eingespielt. Beide spielen, manchmal wird es zu grob, ich muss es unterbrechen, aber beide wissen, wie sie miteinander umzugehen haben.
Dann dieser angebliche "Schutztrieb". Berta verbellte Passanten, richtig böse. Aber nur 2x. Das Training begann ich sofort. Gegenkonditionierung: Wenn Leute uns entgegen kamen, wurde sie mit guten Futter ins Fuß gelockt und dafür belohnt. Nun kommt sie bei jedem Passanten freiwillig angewetzt. Dennoch wird sie angeleint, damit alte Gewohnheiten nicht durchbrechen und wir am nächsten Tag in der Zeitung stehen.... Andere hätten Berta böse bestraft, sie geschüttelt, angeschrieen, auf den Boden geworfen oder mit Disk oder Kette beworfen. Für Berta hätte das bedeutet, noch unsicherer zu werden, denn Passanten bedeuten Schlechtes. Das Verhalten wäre vielleicht unterdrückt worden, aber die Angst wäre geblieben. Vielleicht wäre das Verhalten auch stärker geworden (haben wir auf dem Hundeplatz immer wieder)....Streß für alle Beteiligten. Nein, so muß es nicht laufen!
Manche Dinge brauchen ihre Zeit. Meist kann man es in den Griff bekommen, wenn nicht alleine, dann mit professioneller Hilfe.
Ich habe bei meinen 8 Hunden in 17 Jahren schon einiges mitgemacht. Bis auf einmal haben wir es immer den Griff bekommen, auch wenn es schon mal länger gedauert hat.
Das Problem ist, dass die Leute kein bisschen Einfühlungsvermögen haben und immer nicht realisieren, dass Hunde Zähne haben, um sie zu benutzen, wenn sie sich dazu gezwungen fühlen, wenn sie unsicher sind und Angst haben oder wenn sie ihre Rangposition verletzt fühlen.
Anfangs sind alle neuen Familienmitglieder Fremde, der neue Hund ist unsicher. Das ist Grund genug für Aggression. Aber auch das Gegenteil hört man immer wieder. Oft werden dem neuen Hund keine klaren Regeln gesetzt, der Hund bekommt Privilegien, die ihn größenwahnsinnig werden lassen und in den Glauben versetzen, er wäre der Ranghöchste. Viele lassen den "ach so armen Tierschutzhund" sogleich auf die Couch, streicheln ihn, wenn er will, verwöhnen ihn und machen quasi alles falsch. Benutzt der Hund im irrtümlichen Glauben, seine "Angestellten" hätten seinen Wünschen nicht entsprochen, dann die Zähne, heißt es, er sei "gefährlich" und man hat ihn aus Sicherheitsgründen leider doch einschläfern müssen.
Leider erkennt man oft nicht, wie kompetent oder inkompetent die Interessenten sind und oft ist es auch bei einem fremden Hund, den man vermittelt nicht ersichtlich, wie soverän oder instabil er in Streßsituationen (Umplazierung sind Streßsituationen) ist.... sonst wäre Vermittlung einfacher.
Mein Appell an alle, die einen erwachsenen Hund dazu holen: Geduld, Beobachten, Hunderegeln aufstellen, einhalten, niemals grob, brutal werden. Bei ersten Problemen sofort kompetente Hilfe (also nicht den Hundesportverein um die Ecke, sondern wirkliche Hundeexperten) einholen.
Aber auch die Welpenkäufer brauchen jetzt nicht zu sagen: Siehste, deshalb habe ich einen Welpen, da kann mir das nicht passieren. Quatsch!! Da dauert es halt ein paar Monate länger und dann geht es manchmal genauso rund und diesselben Argumente (Schutz der Menschen) führen häufig zur Todesspritze.....
Tschüss
Faltendackelfrauchen mit nun "stabilisierten" Faltendackel Paul und Zwergvampier Berta (die zur Zeit nur noch droht, wenn Paul etwas falsch macht)
Hallo!
Danke für den Beitrag!
LG Nadine
Katharina, Du sprichst mir aus dem Herzen, gerade mit dieser Aussage:
Hallo zusammen,
Manche Dinge brauchen ihre Zeit. Meist kann man es in den Griff bekommen, wenn nicht alleine, dann mit professioneller Hilfe.
Doch leider sind viele Leute nicht dazu bereit, etwas mehr zu investieren - was gerade nicht passt oder nicht so funktioniert, wie es sollte, wird eben entsorgt. Wir leben nun mal in einer Wegwerfgesellschaft... :( :mad: :43:
Tanja H. 05.03.2005, 16:57 Hallo Katharina,
super Statement :08:
LGT
Katharina,
dem ist nichts hinzuzufügen.Super Beitrag :08:
da möchte ich noch anfügen das der kleine innere schweinehund auch noch ev. seinen beitrag dazu tut, der währe das man sich doch u.U. ein ganz klein wenig fürchtet btw. respeckt hat vor diesem 50kg aufwärtshund. klar wird das nicht zugegeben. es wird doch auch hier im forum und bei den zuständigen clubs suggeriert "kampfschmußer" "sofarutscher" "sanfte riesen" nur lieb usw usf..... wie sollen da menschen noch "normal" bleiben wenn sie immer und überall "belogen" werden?
mit sicherheit ist oft auch eine gehörige portion "selbstüberschätzung" dabei.
mir fallen da aus jüngster vergangenheit 4 eklatante fälle ein.ausbaden mußten das in allen fällen die hunde.
das image der "sanften riesen" verzerrt das reale bild der molosser dann noch zusätzlich.
@faltendackelfrauchen :08:
LG Karin
Faltendackelfrauchen 11.03.2005, 10:53 Nachtrag:
es wundert mich wirklich nicht, dass so oft Probleme auftreten. Im Gegenteil: Es wundert mich, dass es nicht viel öfter Probleme auftreten. Es ist manchmal wirklich erstaunlich, welche Einstellungen erfahrene Hundehalter haben und was sie so tun. Das jüngste Beispiel ist das von Otes, dem vor einigen Tagen vermittelten 7jährigen Mastinorüden. Niemand weiß, was der arme Kerl schon erlebt hat. Der neue Besitzer ist lieb und nett, aber was er so tut, da gefriert mir das Blut in den Adern. Dabei ist er langjähriger Hundehalter und das was er erzählt, haben bereits so viele Übernehmer auch getan. Manchmal kann man nur die Luft anhalten, 3 - 4 Wochen lang hoffen und beten, dass die Hunde stabil genug sind, die Kuriositäten über sich ergehen zu lassen. So ist die eine Geschichte ganz typisch: Der neue Hund wird gleich am nächsten Tag von der Leine gelassen. Wieso??? Wieso nehmen sich die Leute nicht erst mal einige Tage Zeit, den Hund kennen zu lernen. In diesem Fall ließ sich der Hund aus Angst vor dem fremden Mann (sein neues Herrchen) nicht mehr einfangen. Die nächste Kuriosität erzählte er mich auch gleich: Er nahm im beim Fressen den Futternapf weg. Wie naiv muß man sein, so ein Risiko einzugehen. Der neue Hund KANN kein Vertrauen in den Besitzer haben.
Mich wundert es bei diesen "Expertenhandlungen" wirklich nicht, dass es so oft Probleme gibt. Und der Witz: Es sind trotzdem sehr gute Plätze, die Hunde werden geliebt und verwöhnt, nur Fachwissen, Fingerspitzengefühl und dergleichen wird man bei vielen vergeblich suchen! Ich hoffe auch in diesem jüngsten Fall, dass es gut geht. Der Mann hat es verdient (auch wenn er so merkwürdige Dinge tut) und der Hund sowieso.
Mir wird an solchen Hundehaltern, die wohl - wenn ich so die verschiedenen Abläufe der Eingliederungen bei den Leuten Revue passieren lasse - "normal" sind, immer bewußter, dass mein Paulchen längst die Todesspritze bekommen hätte.
Tschüss
Faltendackelfrauchen
.... aus dem Herzen.
Hi Faltendackeline
es wundert mich wirklich nicht, dass so oft Probleme auftreten. Im Gegenteil: Es wundert mich, dass es nicht viel öfter Probleme auftreten.
Dazu gibt es nichts mehr sagen :)
Doch vielleicht noch eine Geschichte aus dem Leben.
Unser erster Bullmastiff, der Hank war auch so ein vermittelter Hund. Nachdem seine Familieverhältnisse auf tragische Weise auseinander gerissen wurden, kam er mit 4 Jahren zu uns. Es passte einfach alles, er zu uns, wir zu ihm. Es war Liebe auf den ersten Blick. So verwundert es nicht, dass, nachdem er in den Hundehimmel kam, eines Tages wieder ein Bullmastiff Welpe im Garten herum wuschelte. Heute ist der Rocky auch ein Grosser, er hat seinen eigenen Stil, der Hank ist Geschicht und wir denken gerne an ihn zurück.
Freundlicher Gruss
Beat
Ja, genauso sehe ich das auch.
Als Tequila zu uns kam gab es anfangs auch Probleme. Bonny dominierte ihn heftig und Tequila wurde dann wütend. Inzwischen hat sich das gelegt. Ich habe Bonny verboten den Dicken zu ärgern. Im Haus macht sie es nun auch gar nicht mehr. Das Fressen war auch so ein heikles Thema, da wir nicht wussten, ob wir die beiden zusammen fressen lassen können, haben wir es erst mal getrennt probiert. Beide wollten nicht fressen. Wir haben es dann nach einigen Tagen zusammen probiert und es verlief absolut problemlos, seit dem fressen die zwei nebeneinander. Ich muss nur aufpassen, dass sie nicht die Näpfe tauschen. :p Den Fressnapf haben wir nie weg genommen. Im Gegenteil, wir haben erst mal beobachtet wie sich Tequila verhält wenn wir uns dem Fressnapf nähern und dann haben wir ihm etwas zusätzlich in den Napf gelegt. Es war und ist kein Problem. Einen groben Fehler machten wir allerdings auch; nach ein paar Tagen ließen wir Tequila ohne Leine laufen und dachten er würde sich an Bonny orientieren, aber falsch gedacht. Er wäre fast im Sumpf ertrunken, nur noch die Nasenspitze war zu sehen. Es gelang mir gerade noch rechtzeitig sein Halsband zu greifen. Danach hatten wir einen schwarzen Hund :55:
Ja, man sollte auf jeden Fall den Neuzugang einige Zeit beobachten. Eine Freundin von mir hatte, bevor wir Tequila bekamen, mehrfach in Portugal für mich angerufen und die Tierschützerin, bei der Tequi lebte, befragt, so dass wir einigermaßen vorbereitet waren.
Heute kann ich nur sagen, er ist ein ganz lieber Schatz und es ist jammer schade, dass er so krank ist.
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