Zitat von Fechner
Unter Reiz versteht man jede Einwirkung- auf das
Nervensystem, z. B. eine Aetherschwingung, die das Auge, eine Luftschwingung, die das Ohr trifft, eine Berührung der Haut, einen elektrischen Strom durch unsere Muskeln.
Im allgemeinen ist ein solcher Reiz, welcher objektiv wissenschaftlich festgestellt und gemessen werden kann, zugleich mit einer Empfindung verbunden, die nur das betreffende Subjekt wahrnimmt; es empfindet Licht, Schall, Widerstand, Spannung u. s w. Diese subjektiven Empfindungen lassen sich ihrer verschiedenen Stärke nach schätzen, und diese wächst im allgemeinen mit der Grösse des Reizes. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es sehr viele Reize gibt, denen eine Empfindung nicht entspricht, obgleich ein Reiz ganz derselben Art, wenn er nur gross genug ist, sehr wohl wahrgenommen wird. Diese Grenze, welche ein Reiz erreichen muss, damit er als Empfindung auftritt, heisst die Schwelle des Reizes.
Ein Stäubchen, das auf unsere Hand fällt, bemerken wir nicht; der auf die Haut ausgeübte Druck muss eine gewisse Höhe, die Reizschwelle erreichen, ehe er uns bemerklich wird. Andere Beispiele sind folgende: „Mag eine Substanz noch so bitter schmecken, in homöopathischer Verdünnung merkt niemand etwas davon. Die Luft ist stets mit Gerüchen und Geräuschen aller Art erfüllt, doch scheint uns die Luft rein und still, so lange die Stärke der Gerüche, der Geräusche, nicht eine gewisse Grenze, die Schwelle, übersteigt. Wenn eine Raupe im Walde nagt, hören wir es nicht, wenn ein allgemeiner Raupenfrass ist, hören wir es, weil die Schwelle damit überstiegen wird." Aber auch Reize, welche über der Schwelle liegen, können noch unbemerkt leiben, falls sie sich nämlich von anderen Reizen nicht genügend unterscheiden; diese zweite Art der Schwelle heisst die Unterschiedsschwelle.
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