AW: Abschied von Shila
Ihr seid alle so lieb!
Nun möchte ich euch noch die heutige mail von der TH-Leiterin zu lesen geben, die uns damals unser liebes kleines Ömchen anvertraut hatte... dieser liebevolle Nachruf, diese wunderschönen Erinnerungen zeigen noch mal in aller Deutlichkeit, was für ein außergewöhnliches Persönchen unsere Shila war. Sie war "nur" 5 Monate in diesem TH, doch sie wird auch dort unvergessen bleiben.
Grüßlies, Grazi.... die beim Lesen der mail so viel geweint, aber auch soviel gelacht hat!
Zitat:
nun antworten wir auf Ihre bittertraurige Mail, in der Hoffnung, dass wir Ihnen und Ihrem Mann ein winzig kleines Stückchen Trost schenken können.
Shilchen. Unsere Dicke. Unsere liebevolle Dampfwalze...
Hunderte von Hunden beherbergten wir in den vergangenen 16 Jahren, die ich nun hier im Tierheim arbeite.
Eine von den Hunderten war Shila. Nein, sie war keine von den Hunderten, sie war eine Einzigartige!
An dem Tag als die russischen Mitbürger sie ins Tierheim brachten und sagten (wörtlich):" Wir können Hund nicht mehr brauchen..."; als dann ein unförmiges "hässliches" Wackelmonster durch unseren Vorgarten angewatschelt kam, dachte ich (auch wörtlich): Du lieber Himmel, was ist den DAS!?
Shila war von der ersten Minute an obercool. Sie war sich der Tragik des Momentes gar nicht bewusst und zockelte in ihrer bekannt stoischen Ruhe alles ab, was es für sie zum kennenlernen gab. Ihren "Abgebern" schaute sie nicht mal hinterher, als diese unberührt das Tierheim verließen.
Nun standen wir da une... ein dickes Etwas mit kurzen Ohren, Schwabbelmaul, krummen, im Zickzack angeordneten Frontzähnen, triefenden Augen, dickem Popo und einem Blick, der weit hinter unseren Augapfel reichte.
Shila, Shila. Was hast du nur aus uns Tierheimleuten damals gemacht!?
Es ist nicht gelogen. Wirklich nicht! Aber mit Shila hat sich unser Tierheimalltag verändert. Sie wurde als "Bürohund" auserkoren und das hätten wir erst einmal organisieren sollen, bevor wir es in die Tat umgesetzt haben. Nach der ersten Nacht in Büro, Flur und Küche (in der das tägliche Futter für die Tiere zubereitet wird und dementsprechend auch die Futtersorten dort vorhanden sind), vermuteten wir, dass eine Bombe in besagten Räumlichkeiten eingeschlagen wäre. Allerdings nicht durch das Dach, sondern von irgendwoher.
Mülleimer geräumt, leere Dosen und diverse Leckerlietüten zermatscht und ausgeschleckt, Futtertonnen geöffnet (man sah an deren Rändern kleine Abdrücke von diversen Zickzackzähnchen) und Schweineohren angeknabbert (mehr als anknabbern ging wohl nicht, weil der Bauch des Bombenlegers bereits übervoll sein musste).
Mitten in diesem gigantischen Tohuwabohu saß eine gigantisch glücklich dreinschauende Shila.
Wir hatten verständlicher Weise eine mächtige Wut auf die "Neue", die sich nach erst einem Tag bei uns sehr unbeliebt zu machen begann.
Und dann? Mitten in den Aufräumarbeiten hörten wir mehrfach ein ruhiges, bedächtiges rülpsen und ein noch ruhigeres, glückliches grunzen.
Shila. Unsere Wutaugen schauten sie an und dann? Schmolz unser aller Zorn dahin wie Butter in der Sonne. Mitten im Chaos wurde das Bombenmonster so herzlich umarmt und geknutscht, dass sie vor Verlegenheit in eine andere Richtung schaute.
Von dieser Minute an, war es um uns geschehen: wir waren Shilasüchtig. Wie konnte man solch einem Hund auch nur eine Minute lang böse sein? Mit Fug und Recht können wir sagen, dass Shila der aussergewöhnlichste Hund war, den wir bei uns beherbergt haben. Sie hat uns Gelassenheit gelehrt und Verständnis für andere. Immer wenn wir uns über irgendjemanden aufgeregt haben (weil z.B. wieder einmal ein Tier nicht mehr gewollt war und ins Heim abgeschoben wurde), saß Shilchen da und schaute sich die Sache an. Es hatte den Anschein, als ob sie die Gespräche verfolgte. Sie saß mittendrin schaute von einem zum anderen und zeigte durch ihre Mimik, durch ihren Blick, dass alles doch nicht so schlimm ist. Sie gab uns Ruhe und wir brauchten bei aller Aufregung nur in ihr wundervolles Knuddelgesicht zu schauen und schon erhellten sich die Gesichter wieder.
Ich glaube felsenfest, dass Engel auch und besonders in Tieren auf dieser Welt sind. Sicher liebt man all seine Tiere und keines wollte man hergeben. Doch es gibt besondere Geschöpfe, wozu mein Bärchen gehörte, das am 30.November 08 von mir gehen musste und wozu ganz sicher Shila gehörte. Ihre Bestimmung war es, Menschen Fröhlichkeit zu vermitteln. Auf eine ganz spezielle Art.
Als Shila dann von Ihnen adoptiert wurde, blutete uns trotz aller Freude das Herz. Unser Tierheimmittelpunkt zog in eine neue Familie und uns fehlte sie.
Ihre erfrischenden Mails und Bilder von "unserer Dicken" ließen uns aber teilhaben von ihrem Hundeglück und brachten uns so aus der Ferne auch immer wieder Freude.
Nun ist Shila für immer gegangen. Alles was man innig liebt, würde man am liebsten für immer fest halten. Leider geht das nicht.
Zu sagen, es tut uns leid, wäre zu banal.
So sollte einfach diese doch etwas lange Mail eine Verbeugung vor diesem wundervollen Hund sein. Und vor Ihnen, die Sie Shila so bedingungslos lieb gehabt haben.
Zum Schluss ein ganz persönlicher, letzter Gruß von mir an das Öhmchen, das nun sicher mein geliebtes Bärchen getroffen hat; schließlich kannten die beiden sich ja gut:
"Jeder von uns ist ein Engel mit nur einem Flügel. Und wir können nur fliegen, wenn wir uns umarmen..."
Ich umarmen dich Shila und fliege in Gedanken mit dir dorthin wo wir dich nie vergessen werden und wo du uns nie vergessen wirst!
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